Madenbefall bei Kaninchen
In den Sommermonaten kann es bei Kaninchen zu einem Madenbefall kommen, wenn das Fell am Hinterteil verfilzt und mit Urin und/oder Kot verschmutzt ist. Dadurch entsteht ein starker Eigengeruch, den Fliegen schon aus großer Entfernung riechen können. Sie fliegen zu diesem für sie sehr attraktiven Geruch und legen ihre Eier in dem verfilzten Fell ab.
Nach nur 24 Stunden schlüpfen aus den Eiern kleine weiße Larven, die schnell wachsen. Wenn man ein befallenes Kaninchen umdreht, findet man sehr viele Maden im Bereich zwischen dem Schwanz und den Genitalien und manchmal sogar unten am Bauch. Sie ernähren sich von Gewebeflüssigkeiten und von der geschädigten Haut und sind sowohl auf als auch unter der Haut zu finden. Die Maden fressen das Gewebe auf und nagen sich dadurch immer weiter durch Haut und Muskulatur.
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Wie kommt es zu einem solchen Madenbefall?
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Umweltfaktoren wie feuchte und schmutzige Einstreu bei Kaninchen, die im Freien gehalten werden, können ein Risiko darstellen - Maden werden bei Kaninchen, die im Haus gehalten werden, selten gesehen.
Häufig leidet das Kaninchen an einer primären Erkrankung wie z.B. Durchfall. Dadurch ist das Fell ständig feucht und die darunter liegende Haut entzündet sich. Die Infektion der Haut ist für das Kaninchen schmerzhaft.
Der Geruch von Durchfall und infizierter Haut lockt Fliegen an, die dann ihre Eier auf dem Kaninchen ablegen.
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Auf die häufigsten Ursachen für eine Hautinfektion im Genitalbereich möchten wir im Folgenden genauer eingehen:
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Zu weicher Kot
Kaninchen, die zu viel Kraftfutter und zu wenig faserhaltige Futtermittel wie Heu erhalten, produzieren nicht die typischen trockenen Kot-Köttel, sondern haben einen weichen, klebrigen Kot.
Eine Ausnahme gibt es allerdings: Kaninchen sind so genannte Pseudowiederkäuer. Neben dem trockenen Kot, der tagsüber produziert wird, scheidet es in Ruhephasen einen sog. Blinddarmkot aus. Dieser Kot ist weicher und von einer Schleimschicht umgeben. Er wird sofort nach dem Ausscheiden wieder aufgenommen und verbessert die Verdaulichkeit des Futters. Sollte die Aufnahme des Blinddarmkot aus irgendwelchen Gründen (z.B. schlechte Beweglichkeit) nicht möglich sein, verschmutzt dieser klebrige Kot den Analbereich des Kaninchens.
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Harnwegsbeschwerden
Harnwegsprobleme wie Blasensteine, Blasenentzündungen und die Ansammlung von sog. Harngries in der Blase können zu einem ständigen Urinverlust und damit zu einer ständigen Befeuchtung des Hinterteils führen.
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Übergewicht und Arthrose
Übergewichtige Kaninchen können sich nicht so gut bewegen und erreichen beim Putzen ihr Hinterteil nicht ausreichend, um sich sauber zu halten. Dadurch verbleibt oft eine bestimmte Menge des Blinddarmkots am Anus und es entsteht ein Nährboden für Bakterien. Zusätzlich haben übergewichtige Kaninchen häufig Hautfalten, die es nicht alleine sauber halten kann und die sich dadurch schnell entzünden können. Übergewicht führt auch oft zu Hautfalten, die das Risiko von Feuchtigkeit und Hautentzündungen erhöhen.
Ein weiterer Grund für eine schlechte Beweglichkeit und damit eine erschwerte Körperhygiene können Rückenschmerzen, häufig verursacht durch Arthrose sein. Dadurch kann sich das Kaninchen ebenfalls nicht ausreichend putzen.
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Zu lange Frontzähne
Zu lang gewachsene Vorderzähne erschweren die Pflege des hinteren Körperteils für das Kaninchen. Dies führt zu verfilztem Fell, in dem sich Urin und Blinddarmkot leicht verfangen und zu Hautentzündungen führen können.
Häufig liegen bei einem Kaninchen, das von Fliegenmaden befallen wird, mehrere der genannten Ursachen vor.
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Wie wird ein Madenbefall behandelt?
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Häufig leiden befallene Kaninchen unter starken Schmerzen und fressen schon einige Zeit nicht mehr ausreichend. Dann ist erste Maßnahme die Gabe von Schmerzmitteln und möglicherweise eine Flüssigkeitstherapie. Anschließend muss die betroffene Stelle gereinigt und die Maden entfernt werden. Dies geschieht am behutsamsten mit lauwarmem Wasser. Dann sollte das verfilzte Fell mit einer kleinen Schermaschine entfernt werden, wobei auf ausreichend Abstand zur gesunden Haut zu achten ist, damit die betroffene Hautstelle trocknen kann. Das Scheren muss sehr vorsichtig erfolgen, damit die sehr dünne Kaninchen-Haut nicht verletzt wird.
Wenn das Kaninchen nicht mehr frisst, muss eine intensive Behandlung über mehrere Tage erfolgen: Das Kaninchen wird mit der Spritze ernährt, erhält eine Infusions- und Schmerztherapie sowie Medikamente gegen Parasiten und Antibiotika.
Ein von Maden befallenes Kaninchen ist ein sehr unschöner Anblick und auch das Kaninchen leidet sehr darunter. Glücklicherweise erholen sich viele Tiere aber sehr gut von einem Befall, wenn er rechtzeitig entdeckt und mit der Behandlung begonnen wird.
Ein Madenbefall tritt immer sekundär zu einer anderen Erkrankung auf und sollte so schnell wie möglich behandelt werden. Im Anschluss muss man sich um die Primär-Erkrankung kümmern. Die häufigste Ursache ist eine falsche Fütterung mit ballaststoffarmem Futter und daraus resultierendem Durchfall. Dies lässt sich sehr schnell verändern. Bei einigen der anderen Ursachen kann eine Behandlung schwieriger sein, und es gibt leider auch manchmal Fälle, in denen es am verantwortungsvollsten ist, das Kaninchen einschläfern zu lassen.
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Wie kann ich einen Madenbefall verhindern?
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Es ist wichtig, den Käfig regelmäßig zu säubern, damit die Kaninchen nicht in feuchter Einstreu sitzen müssen, das Fliegen anlockt. Die richtige Fütterung ist von entscheidender Bedeutung, und die Besitzer sollten sich der anderen Risikofaktoren bewusst sein. Einfach ausgedrückt: Ein gesundes Kaninchen wird nicht von Maden befallen. Darüber hinaus wird Kaninchenhaltern, die ihre Kaninchen im Freien halten, empfohlen, in den Sommermonaten täglich nach ihren Kaninchen zu sehen.
Kaninchen mit Madenbefall sollten sofort von einem Tierarzt untersucht und, wenn möglich, im Stall untergebracht werden, bis das Problem behoben ist.
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Weiterführende Informationen
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Ein Madenbefall tritt nicht nur bei Kaninchen auf. Auch andere Tiere können an Stellen betroffen sein, an denen das Fell verfilzt, schmutzig und feucht ist. Er kann als Folge von Durchfall auftreten, aber auch, wenn sich unter dem verfilzten Fell entzündete Wunden verbergen.
Im Ersten Weltkrieg wurden Maden bei der Wundbehandlung von verwundeten Soldaten eingesetzt. Es stellte sich heraus, dass die Maden zwar das tote Gewebe, nicht aber das lebende auffraßen, was zu einer schnelleren Heilung führte. Die Methode geriet in Vergessenheit, als die Antibiotika erfunden wurden. Jetzt wurde sie bei der Behandlung schlecht heilender Wunden, z. B. bei Diabetikern, wiederentdeckt und wird unter kontrollierten Bedingungen mit speziell gezüchteten Fliegenlarven eingesetzt.